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Den digitalen Wandel in Rheinland-Pfalz gestalten

08/11/2017

Antragsteller:

Landesvorstand

Antrag

Einleitung

Der umfassende industrielle Wandel hin zur Industrie 4.0 und Arbeitswelt 4.0 ist in vollem Gange. Diese zunehmende Digitalisierung betrifft nicht nur Unternehmen, sondern im Kern unsere gesamte Gesellschaft. So werden etwa im Bildungs- und Gesundheitswesen oder in der öffentlichen Verwaltung digitale Dienstleistungen immer wichtiger, um den neuen Anforderungen unserer modernen Gesellschaft gerecht zu werden. Gerade für Deutschland und insbesondere für Rheinland-Pfalz birgt dieser digitale Strukturwandel großes Potential: In der Tradition deutscher “Hidden Champions” kann sich auch unser ländlich geprägter Raum zum Innovationsführer in Sachen Digitalisierung entwickeln und damit den Grundstein für unseren zukünftigen Wohlstand legen. Dazu müssen wir jedoch zuerst die richtigen Weichen für einen erfolgreichen digitalen Wandel stellen. Nur wenn wir intensiv daran arbeiten die Chancen digitaler Dienste in allen Lebensbereichen effektiv auszuschöpfen und gleichzeitig alle potentiellen Risiken bedenken, können wir unser Land nachhaltig weiterentwickeln – mit neuen digitalen Lösungen made in Rheinland-Pfalz.

 

  1. Datenschutz und Datensicherheit

Die anhaltende Debatte um Datenschutz ist eine wesentliche Konsequenz der fortschreitenden Digitalisierung und der zunehmenden Bedeutung des Internets für Unternehmen wie auch Privatpersonen. Die dabei zur Verfügung stehenden persönlichen Daten eröffnen immer mehr Möglichkeiten für neue Anwendungsbereiche und innovative Produkte, bergen aber auch großen Gefahren des Missbrauchs. Der Staat ist in der Verantwortung den nötigen Rechtsrahmen für den Schutz dieser sensiblen Daten zur Verfügung zu stellen, ohne die Freiheit im Netz dadurch einzuschränken. Die Bürger sollen selbst bestimmen wer wie Zugriff auf ihre Daten hat und müssen diese im Zweifelsfall auch einfordern können. Die Datenschutzbestimmungen müssen hier mit den technischen Entwicklungen der Zeit Schritt halten.

Wir fordern:

  • Das Bundesdatenschutzgesetz bietet bereits heute einen umfassenden Schutz vor Datenmissbrauch, muss aber kontinuierlich weiterentwickelt werden.
  • Auf europäischer Ebene stellt die EU-Datenschutzgrundverordnung eine verlässliche Basis dar. Die Anpassung der deutschen Datenschutzregeln an die EU muss auch mit Blick auf die Vorteile einer vereinheitlichten Regelung geschehen.
  • Die Bundesregierung muss einen Masterplan zum Thema „Künstliche Intelligenz“ in der Forschung und Wirtschaft forcieren und gemeinsam mit anderen gesellschaftlichen Akteuren die entsprechenden Rahmenbedingungen abstecken.
  • Eine gesellschaftliche Debatte zum Datenschutz und zur Sicherheit ist zeitnah notwendig. Dies schließt die ethische Dimension der Thematik ein.
  • Das Datenschutzrecht sollte bestimmte starke kryptografische Verfahren als Grundlage sicherer Verschlüsselung anerkennen, bspw. für die Verschlüsselung und Ablage von personenbezogenen Daten in einer Blockchain.
  • Durch nutzerseitige Verschlüsselung von personenbezogenen Daten als Nutzungsvoraussetzung für Blockchains kann die Blockchain-Technologie auch in Deutschland mit einer Vielzahl an möglichen Geschäftsmodellen Anwendung finden.

 

  1. Bildung – mehr digital als analog

2.1 Programmieren als neue “Sprache” & Digitalisierung in der Schule

Schule muss Schüler auf die Fragestellungen des 21. Jahrhunderts vorbereiten. Dabei ist es essentiell, dass sich die Inhalte der Bildung auf die Digitalisierung aller Lebensbereiche einstellen. Schule muss die Möglichkeit geben, dass alle Schüler mit ähnlichen Voraussetzungen ins digitale Leben starten können. So wie die Grundrechenarten gehören im 21. Jahrhundert selbstverständlich auch Kenntnisse im Programmieren zum Kernwissen.

Wir müssen die Gefahr, die Unkenntnis im Programmieren in Zukunft haben wird, klar benennen: Wer nicht Programmieren kann, wird ein digitaler Analphabet. Die Entwicklungen der Arbeitswelt und Gesellschaft werden dann in vielen Bereichen bald ohne ihn gemacht werden. Es ist daher notwendig, den bisherigen Stellenwert von Kenntnissen des Programmierens im Unterricht massiv zu verändern.

Wir fordern:

  • Eine Stärkung der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft & Technik), auch in den Bereichen der frühkindlichen Bildung, kann ein Instrument darstellen, um das Interesse rund um digitale Themen bereits früh zu entwickeln.
  • Das Fach „Programmieren“, welches aus dem bisherigen Fach Informatik hervorgeht, soll gleichwertig einer Fremdsprache an allen allgemeinbildenden Schulen im Land angeboten werden. Schon in der Grundschule sollen die Schüler verpflichtend erste Inhalte des Programmierens lernen.
  • Grundlagen der Blockchain-Technologie sowie der Dezentralisierung müssen sukzessive in den unterschiedlichen Ausbildungs-, Schulformen vermittelt werden.
  • Neben der Wissens- und Kompetenzvermittlung ist eine bessere (technische) Ausstattung in allen Schulformen wichtig. Grundlegende Digitalkompetenzen sind integraler Bestandteil jeder Bildungsstätte.
  • Zur Vermittlung digitaler Kompetenzen und dem dazugehörigen Wissen benötigt durch kontinuierliche Weiterbildung qualifizierte Lehrkräfte in allen Schulformen.

2.2 Hochschulen im digitalen Wandel:    
Motor der Forschung und Entwicklung im Digitalbereich müssen die hiesigen Universitäten sein. Denn hier müssen die Möglichkeiten der Digitalisierung analysiert und zum Zwecke der sinnvollen Weiterentwicklung sowie dem Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Forschung und Wissenschaft genutzt werden. Diese Aufgabe bedarf aber nicht nur einer theoretischen Auseinandersetzung mit der Digitalisierung, sondern auch der praxisorientierten Implementierung in die Lehre. Dies beginnt in den Vorlesungen, die bislang den Herausforderungen der Digitalisierung nicht gewachsen sind. Nach wie vor werden viele Vorlesungen ausschließlich analog angeboten, da den Lehrstühlen oft die Kompetenz und die Mittel fehlen um Digitalisierung zu gestalten.

Wir fordern:

  • Alle rheinland-pfälzischen Hörsäle sollen mit der notwenigen Infrastruktur (Mikrofone, Kameras) ausgestattet werden, damit Veranstaltungen zukünftig über einen Livestream verfolgt werden können.
  • Alle Vorlesungen sollen auf universitätsinternen Plattformen online gespeichert werden, sodass sie zu einem späteren Zeitpunkt abgerufen werden können.
  • An rheinland-pfälzischen Hochschulen sollen künftig Learning Management Systems (LMS) den Regelfall darstellen.
  • Der Ausbau von Learning Analytics soll vorangetrieben werden, welche im Konzept der Learning Management Systems (LMS) den Studenten eine breitere Basis bieten um die Fortschritte des Lernerfolgs zu überwachen.

 

2.3 Bildung in der Arbeitswelt 4.0

Die Digitalisierung wird dazu führen, dass die Halbwertszeit von Wissen weiter verringert und im Beruf die Bedeutung von digitalen Kompetenzen zunehmen wird. Die Teilhabe an der digitalen Welt muss allen Menschen ermöglicht werden, ob im Beruf oder im Privatleben. Daher besteht auf allen Stufen des Bildungssystems Qualifizierungs- und Anpassungsbedarf. Die Zunahme von Innovationszyklen, gerade in der digitalen Industrie, bedürfen einer lebensbegleitenden Qualifizierung.

Wir fordern:

  • Die innerbetriebliche Weiterbildung muss gestärkt werden. Lebenslanges Lernen und der Umgang mit Technologien der Industrie 4.0 müssen in den Unternehmen sichergestellt werden. Eine gesetzliche Lösung lehnen wir ab, da die Betriebe den tatsächlichen Qualifizierungsbedarf am besten abschätzen können.
  • Den Themen interkulturelle Sensibilität, soziale Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten soll mit Blick auf eine neue Arbeitsgestaltung in der digitalisierten Arbeitswelt eine besondere Bedeutung zukommen.
  • Schulung im Umgang mit digitalen Diensten muss generationenübergreifend erfolgen. Auch ältere Generationen sollen von neuen digitalen Dienstleistungen profitieren können.
  • Das Wissen über Unternehmertum muss auf allen Ebenen des Bildungssystems gefördert werden.

 

  1. Auch die digitalisierte Arbeitswelt braucht gute Rahmenbedingungen – Arbeiten 4.0

3.1 Flexibilisierung der Arbeit

Mobiles Arbeiten oder das Arbeiten im Homeoffice gehören nicht nur häufig zum Alltag von vielen Arbeitnehmern, sondern werden in ihrer Verbreitung künftig zunehmen. Sie können, zusammen mit einer entsprechenden Arbeitszeitgestaltung, zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen. Dennoch sind diese Arbeitsmodelle nicht für alle Arbeitsplätze geeignet – gerade in der Industrie. Es wird auch weiterhin orts- und zeitgebundene Arbeitstätigkeiten brauchen. Trotz der Veränderungen einer digitalisierten Arbeitswelt wird der Betrieb für die meisten Arbeitnehmer auch weiterhin zentraler Ort der Wertschöpfung bleiben. Der Einsatz digitaler Lösungen kann beim Schaffen der Balance zwischen Flexibilitätsanforderungen der Betriebe und Flexibilitätsbedürfnissen der Arbeitnehmer helfen.

Wir fordern:

  • Eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes, da die Regelungen zur Ruhezeit von elf Stunden und täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden wegen den Möglichkeiten des mobilen Arbeitens häufig an der Lebensrealität vieler Menschen vorbeigeht.
  • Flexible Arbeitszeitverhältnisse, auf die sich Beschäftigte und Unternehmen einigen, werden Teil der digitalen Arbeitswelt sein. Eine übermäßige Regulierung muss vermieden werden.
  • Trotz gestiegener Flexibilitätsanforderung hinsichtlich der Arbeitszeiten muss ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeits- und Lebenszeit sichergestellt werden.
  • Sogenanntes „Crowdworking“ stellt in der digitalisierten Arbeitswelt eine immer häufiger vorkommende vertraglich vereinbarte Leistungsbeziehung dar, die schon im heutigen arbeitsrechtlichen Rahmen sachgerecht beurteilt werden sollte.

 

3.2 Externer Wissenstransfer & Rolle der Tarifpartner

Der Grad der Spezialisierung und Arbeitsteilung wird durch die fortschreitende Entwicklung der Industrie 4.0 zunehmen. Bereits heute holen sich Unternehmen unter dem Stichwort „Open Innovation“ neue Ideen aus der Kooperation mit externen Partnern. Aber auch für viele reguläre Bereiche im Unternehmen werden künftige externe Spezialisten und Wissen benötigt. Folglich bekommen Innovations- und Wissensnetzwerke eine hohe Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen.

Wir fordern:

  • Eine übermäßige Regulierung im Bereich der Werk- und Dienstverträge sowie im Bereich der Zeitarbeit ist ebenso zu vermeiden, wie eine zu exzessive Ausnutzung dieser Beschäftigungsformen.
  • Die Tarifpartner müssen als zentrale Akteure passende regulative Rahmen entwickeln, um den neuen Anforderungen gerecht zu werden. Aufgrund der hohen Variabilität unterschiedlicher Arbeitsplatze, Betriebe und Branchen können einheitliche Gesetzgebungen nicht die nötige Flexibilität bieten.
  • Ein weitergehender staatlicher Eingriff in die Tarifautonomie ist abzulehnen, da er die Tarifbindung schwächt und den Tarifpartnern ihre Handlungsmöglichkeiten nimmt.

 

3.3 Führungskultur & Teilhabe im digitalen Zeitalter

Der digitale Wandel verändert auch Anforderungen an Führungseigenschaften und -verhalten. Die steigende Komplexität und Volatilität der Digitalisierung zwingen etablierte Führungsmodelle zu überdenken. Bei den betrieblichen Veränderungsprozessen hin zu einer digitalen Arbeitswelt wird nicht nur die Führungskultur der Unternehmen berührt. Der digitale Wandel nimmt auch Einfluss auf die Arbeitsorganisation und die (Produktions-) Technik.

Wir fordern:

  • Mitbestimmung im Unternehmen beim Thema Industrie 4.0 soll auf Grundlage der derzeitigen Mitbestimmungsgrenzen weiterhin eine wichtige Rolle spielen
  • Eine Neudefinition des „traditionellen“ Betriebsbegriffs ist mit Blick auf die Mitbestimmung zentral. Durch die Herausforderungen der digitalen Transformation wird sich künftig der Bedarf nach einer Weiterentwicklung ergeben.
  • Eine kluge Balance zwischen dem Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts und einem gesunden Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen bei der Einführung neuer Technologien ist zu wahren.

 

3.4 Die Rolle von Robotik in der neuen Arbeitswelt

Der steigende Einsatz von Robotik unterstützt die Produktion und trägt zur ergonomischeren Arbeitsplatzgestaltung bei. Die Digitalisierung wird zur zunehmenden Interaktion von Menschen und Maschinen führen. Durch die Interaktion von Mensch und Maschine können Mitarbeiter körperlich entlastet werden. Gleichermaßen kann eine verstärkt alternsgerechte Arbeitsgestaltung gewährleistet werden. Auch die Beschäftigungschancen für Menschen mit Behinderungen können gesteigert werden. Gleichermaßen kommt dem Menschen eher eine überwachende Funktion zu. Dieser Rollenwandel setzt bestimmte Qualifikationsbedarfe voraus, um der Komplexität der Maschinen gerecht zu werden.


Wir fordern:

  • Wegen der engen Interaktion von Menschen und Robotern muss jederzeit die Arbeitssicherheit gewährleistet sein. Die rasante Weiterentwicklung der Robotik erfordert neue Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten. Dies bedeutet auch, dass geltende Gesetze, Normen und Richtlinien stetig angepasst werden müssen.
  • Die geänderten Rahmenbedingungen müssen durch geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen, aber auch Vorsorgeuntersuchungen flankiert werden.
  • Die neuen Interaktionsmodi von Mensch und Maschine stellen rechtliche Haftungsmodelle in Frage. Daher ist eine rechtliche Auseinandersetzung, auch mit Blick auf ethische Bedenken und den unterschiedlichen Interaktionsmodi, notwendig.

 

  1. Innovation ist Kern nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung

Innovationen sind der wesentlichste Faktor für den Erfolg von Unternehmen, der Weiterentwicklung, dem Wachstum und Wohlstand von Gesellschaften. Damit tragen Innovationen auch unmittelbar zum Arbeitsplatzerhalt und -wachstum bei. Deutschland investiert bereits rund drei Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in die Forschung. Dies gilt es zu halten bzw. sogar zu steigern. Neben der Investition in die Erforschung neuer Technologien, gilt es auch von Seiten des Gesetzgebers eine innovationsfreundliche Umgebung zu schaffen.

Wir fordern:

  • Neben dem Vorsorgeprinzip sollte ein Innovationsprinzip im Gesetzgebungsprozess verankert werden.
  • Jede rechtliche Regulierung im Umfeld von Innovationsentwicklungsprozessen sollte einem technikneutralen Ansatz folgen. D.h. der Gesetzgeber sollte durch rechtliche Standards regulierend tätig werden ohne eine konkrete Technik dabei zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen.
  • Die gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist es, sich für eine höhere Akzeptanz neuer Technologien einzusetzen und damit in der breiten Gesellschaft für ein innovationsfreundliches Klima zu arbeiten.

 

  1. Wichtige Rahmenbedingung ist die digitale Infrastruktur

Deutschland hat eine starke industrielle Basis. Die Bundesrepublik hat hervorragende Chancen von der Digitalisierung zu profitieren. Um den Industriesektor in Deutschland zu halten, müssen die richtigen Rahmenbedingungen gelten. Dies betrifft sowohl die Infrastruktur als auch den Ordnungsrahmen. Die Landesregierung ist hier in der Verantwortung die Grundlage für ein innovationsstarkes Umfeld zu schaffen, damit Rheinland-Pfalz optimal für den digitalen Wandel gerüstet ist.

Wir fordern:

  • Den Erhalt und Ausbau einer leistungsfähigen (digitalen) Infrastruktur, insbesondere durch flächendeckendes Breitband. Dies bietet auch Chancen zum Erhalt und Stärkung der Wirtschaft im ländlichen Raum.
  • Die Bündelung der Digitalisierungskompetenzen der Bundesregierung in einem „Ministerium für Digitalisierung”, um den Breitbandausbau sowie die schnelle Verbreitung des nächsten Mobilfunknetzes (5G) voranzutreiben.
  • Die Einrichtung von Teststrecken für autonomes Fahren im Land muss erfolgen, da diese Zukunftstechnologie den ländlichen Raum ganz entscheidend stärken kann.
  • Die Deutsche Bahn soll die Entwicklung und flächendeckende Umsetzung einer anbieterübergreifenden Mobilitäts-App forcieren, damit der Öffentliche Personennah-/ und fernverkehr von den neuen Möglichkeiten profitieren kann.
  • Wo möglich, sollten harmonisierte Regelungen und Gesetze im europäischen Kontext greifen sowie Widersprüche und Redundanzen beseitigt werden. Für eine erfolgreiche Entwicklung der Digitalisierung müssen regulatorische Unsicherheiten mit klaren und ganzheitlichen Gesetzen begegnet werden.

 

  1. Das digitalisierte Gesundheitswesen

Die neuen Chancen und Möglichkeiten die sich durch die Digitalisierung ergeben, werden in vielen Lebensbereichen und Branchen bereits gut genutzt und weiterentwickelt. Leider hinkt hier das Gesundheitswesen der Innovation hinterher. Deshalb müssen wir uns für ein modernes und effizientes Arbeiten im Gesundheitswesen einsetzen.

Wir fordern:

  • Die Bereitstellung von finanziellen Mitteln durch das Ministerium zur Umstellung der Verwaltungsstrukturen der landesweiten Krankenhäuser, um einen Anreiz zur Digitalisierung zu schaffen.
  • Die Förderung des Bereiches der Medizininformatik, der einen standortübergreifenden Informationsaustausch zwischen einzelnen Institutionen praxisnah umsetzen kann.
  • Die finanzielle Förderung von Pilotprojekten, wie etwa der online Therapie bei Depressionen und der damit Verbundenen Neuentwicklung von Therapieansätzen und Diagnoseverfahren.
  • Durch die alternde Gesellschaft werden immer mehr Patienten auf Hilfe zu Hause angewiesen sein. Durch eine landesweite Einführung von einem Hausnotrufsystem kann hier ein längeres Leben im eigenen Wohnraum ermöglicht werden.
  • Aktuell bestehen große Lücken im Bereich der Gesundheitsdatenverarbeitung, -auswertung und Speicherung. Hier müssen schnellstens Nachbesserungen erfolgen.
  1. Digitalisierung in der Landwirtschaft

Die Digitalisierung bieten vielerlei Chancen um die heimische Landwirtschaft wettbewerbsfähig und zukunftssicher zu machen. Idealerweise kommunizieren Geräte und Maschinen in der Landwirtschaft untereinander und synchronisieren die erhobenen Daten. Dies hilft Betrieben die Einstellungen permanent an Bodenbeschaffenheit, Witterung und Nährstoffversorgung anzupassen, und damit Kosten und Zeit einzusparen. Das sogenannte Precision Farming oder Smart Farming kann bereits heute genutzt werden, um eine weitere Effizienzsteigerung anzustreben und eine nachhaltige Produktion von Agrarprodukten zu ermöglichen.

Wir sehen aber auch Risiken in der zunehmenden Digitalisierung der Landwirtschaft. Zwar werden neue digitale Lösungen den bestehenden Strukturwandel nicht aufhalten können, wohl kann die Digitalisierung aber helfen die Effizienz der Betriebe zu steigern und neue Vermarktungswege zu eröffnen. Außerdem könnte es zu einer weiteren Entfremdung des Verbrauchers zur landwirtschaftlichen Produktion kommen. Dem kann entgegengewirkt werden, wenn die digitalen Möglichkeiten genutzt werden, um die Lebensmittelsicherheit zu verbessern und die Transparenz gegenüber dem Verbraucher zu erhöhen.

Wir fordern:

  • Die Datenhoheit liegt primär beim Erzeuger der Daten, nämlich beim Landwirt selbst.
  • Die Weitergabe von Daten zu Forschungszwecken sollte unbedingt erfolgen, wenn diese mit öffentlicher Förderung erzeugt wurden. Forschungseinrichtungen oder das öffentliche Beratungswesen, bspw. die DLRs, sollen die Daten anonymisiert erhalten und verwenden dürfen.
  • Die Weitergabe sowie der Verwendungszweck der freigegebenen Daten sollen offengelegt werden und damit Transparenz gewährleisten. Dem Erzeuger müssen wichtige Ergebnisse unbedingt zur Verfügung gestellt werden.
  • Um Datenmissbrauch entgegenzuwirken ist es notwendig gezielte Investitionsprogramme für Forschung in Entwicklung von Big (Agrar-)Data im deutschen und europäischen Raum
  • Das entstehen marktbeherrschender Technologieanbieter sollte verhindert werden. Um die Innovationskraft am Markt aufrecht zu erhalten, soll die Herstellung von modularen Lösungen von Hard- wie Software forciert werden. Somit können einerseits kleine Anbieter am Markt ihre Produkte platzieren, aber auch kleinere Betriebe oder Genossenschaften ihre Anwendungssysteme koppeln und gemeinsam nutzen.
  • Landwirte haben einen hohen Anspruch an die Datensicherheit, wodurch jegliche Kommunikation über verschlüsselte Kommunikationswege ablaufen sollte.
  • Bestehende Investitionsförderprogramme sollen stärker auf entsprechende Technologien ausgerichtet und neue Programme sollen aufgesetzt werden, um kleine und mittlere Betriebe oder genossenschaftliche Modelle besser zu fördern.
  1. Digitalisierung macht in der Verwaltung keinen Halt – das Rathaus 4.0

Die Digitalisierung kann und darf vor den Rathäusern unseres Landes nicht Halt machen. Während einige Kommunen bereits erfreulich weit fortgeschritten sind, hinken andere noch deutlich hinterher. Dabei erkennen wir das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen an und ziehen wohl überlegte Neuerungen im Verwaltungshandeln einem übereilten Aktionismus vor. Gleichzeitig müssen wir jedoch anmahnen, dass ein Stillstand keinesfalls sinnvoll ist und Neuerungen teilweise enorm überfällig sind. Die Vorteile, die für die Bürger entstehen können, sind zahlreich: Dienstleistungen, die nicht an physische Präsenz oder Öffnungszeiten gebunden sind, sind ein Gewinn für Bürger und Verwaltung.

Wir fordern:

  • Das gesamte Ortsrecht, insbesondere alle Satzungen und Gebührenordnungen der Kommune, müssen online zur Verfügung stehen. Die zur Verfügung gestellten Texte müssen durch geeignete Suchmechanismen gefunden werden können.
  • Eingescannte und mit Schlagwörtern versehene Originaldokumente sind dabei nur als Übergangslösung zu begreifen und müssen im Sinne der Barrierefreiheit vollständig maschinenlesbar aufgearbeitet werden.
  • Formulare sind so zu gestalten, dass sie online ausgefüllt und abgeschickt werden können und – wo möglich – unmittelbar automatisiert verarbeitet werden. Wird aktuell eine Unterschrift benötigt, so ist diese – wo zulässig – durch die Funktionen des neuen Personalausweises zu ersetzen.
  • Durch ein Bürger- und Ratsinformationssystem ist sicher zu stellen, dass maximale Transparenz geschaffen wird. Sitzungsvorlagen müssen den Bürgern auf geeignetem Weg zur Verfügung gestellt werden. Die Beschlussvorlagen für die öffentlichen Sitzungen sollen bereits im Vorfeld verfügbar sein und Beschlüsse zeitnah nachgereicht werden.
  • Eine Ideenbörse sowie eine geeignete Beschwerdemöglichkeit sollten obligatorisch sein. Wo sinnvoll sollen darüber hinaus auch gezielt Beteiligungsverfahren und Abstimmungen online ermöglicht werden.
  • Land und Bund sollen den Kommunen die entwickelten Werkzeuge im Rahmen des Online-Zugangsgesetzes kostenfrei zur Verfügung stellen.
  • Innovative Projekte in den Kommunen sollen finanziell unterstützt und zu “Best-Practices” weiterentwickelt werden.
  • Auch in den Behörden und Verwaltungen wird die Blockchain-Technologie künftig für viele Veränderungen sorgen. Dazu müssen notwendige Kompetenzen entwickelt und ein entsprechendes Bewusstsein bei den Mitarbeitern geschaffen werden.

 

 

  1. Für Investitionen in die Digitalisierung braucht es solide Finanzen

Wer in die Digitalisierung investieren möchte, muss eine stabile finanzielle Grundlage besitzen. Die Digitalisierung ist ein Projekt dessen Rahmenbedingungen und technische Voraussetzungen sich ständig und schnell wandeln. Bandbreiten und Techniken die heute noch als utopisch gelten sind der veraltete Standard von morgen. Hierfür brauchen wir nicht nur Flexibilität in den Köpfen der Erfinder und Nutzer, sondern auch Flexibilität in der Budgetierung.

Länder wie Baden-Württemberg und Bayern machen es uns vor. Solide Haushalte schaffen Spielräume für zukünftige Entwicklungen. So können beide Länder bis 2020 jeweils eine Milliarde Euro für das Thema Digitalisierung in Städten und dem ländlichen Raum bereitstellen. Dies ist eine Investition in den Erhalt der ländlichen Strukturen, in das Wohlergehen der Industriezentren und großen Städte, aber vor allem eine Investition in die Zukunft aller Bürger.

Wir fordern:

  • Einen Haushalt mit „schwarzer Null Plus“ soll die nötigen Mittel für Investitionen in die Digitalisierung bereitstellen.
  • Investitionsmittel sollen variabel von Jahr zu Jahr angepasst werden, damit neue Ideen und Technologien flexibel gefördert werden können.
  • Ein ständiger Austausch zwischen Bund und Ländern soll die effiziente Verwendung von Mitteln ermöglichen und den digitalen Wandel flächendeckend in Deutschland vorantreiben.
  • Die inhaltliche Ausrichtung in Sachen Digitalisierung muss über die Parteiideologien hinweg erfolgen.
  • Personal in allen Entscheidungsgremien muss geschult und mit dem digitalen Wandel vertraut gemacht werden. Nur so können lösungs- und zielorientierte Projekte zum Wohl der Bürger entwickelt werden.

 

Schluss

Entsprechend des weitreichenden Einflusses des digitalen Wandelns auf alle Lebensbereiche, setzt die JU Rheinland-Pfalz auf ein umfassendes Maßnahmenpaket, um Behörden, Verwaltungen, Unternehmen und Bürger bestmöglichen auf die Konsequenzen des digitalen Strukturwandels vorzubereiten. Die Politik wird in Zukunft nicht nur flexibler auf aktuelle Entwicklungen im Digitalbereich reagieren müssen, sondern diese auch aktiv mitgestalten. Damit steht die Politik in der Verantwortung gegenüber den Bürgern, die einerseits Rahmenbedingungen für den Umgang mit Digitaldiensten brauchen, andererseits auch von neuen technologischen Möglichkeiten profitieren machen wollen. Deswegen können diese Forderungen nur als Startpunkt für die Erarbeitung ständig neuer Maßnahmen verstanden werden, wodurch sich die Digitalisierung zum Erfolgskonzept für unser Land entwickeln soll.

 

 

Arbeit 4.0 – Antrag zum JU-Landestag 2017

Der umfassende industrielle Wandel hin zur Industrie 4.0 und Arbeitswelt 4.0 ist in vollem Gange. Unternehmen und Gesellschaft sind dabei, an vielen Stellen, ob in Produktion, Logistik, Verkauf oder Verwaltung, Digitalisierungsschritte umzusetzen. Der damit einhergehende digitale Strukturwandel ist die Voraussetzung und birgt das Potenzial für unseren künftigen Wohlstand. Die Chancen der Industrie 4.0 bringen allerdings auch große Herausforderungen mit sich. Damit die digitale Wertschöpfung auch in Zukunft in Deutschland stattfindet, müssen wir weiter an den Voraussetzungen und Herausforderungen des digitalen Wandels arbeiten:

  1. Bildung – mehr digital als analog

 

Die Digitalisierung wird dazu führen, dass die Halbwertszeit von Wissen weiter verringert und im Beruf die Bedeutung von digitalen Kompetenzen zunehmen wird. Die Teilhabe an der digitalen Welt muss allen Menschen ermöglicht werden, ob im Beruf oder im Privatleben. Daher besteht auf allen Stufen des Bildungssystems Qualifizierungs- und Anpassungsbedarf. Die Zunahme von Innovations- und Produktionszyklen, gerade in der digitalen Industrie, bedürfen einer lebensbegleitenden Qualifizierung. Darüber hinaus wird die komplexe Blockchain-Technologie in vielen Bereichen maßgeblich zukünftige ökonomische Realitäten bestimmen. Daher ist ein Grundverständnis dieser Technologie von hoher Bedeutung. Dennoch darf, auch mit Blick auf ein humanistisches Bildungsideal, das wissensbasierte Lernen nicht untergraben werden. Eine große Stärke des deutschen Bildungssystems findet sich im kritischen Umgang mit neuem Wissen und Erkenntnissen. Diese Fähigkeiten sind insbesondere in Zeiten der digitalen Transformation bedeutend. Letztlich unterscheidet sich der Mensch von der Maschine durch seine sozialen Kompetenzen, weshalb auch diese, neben den digitalen Kompetenzen, an Bedeutung gewinnen werden. Die digitale Bildung wird zu einem wichtigen Erfolgsfaktor für die deutsche Wirtschaft. Daher müssen geeignete Rahmenbedingungen, Infrastrukturen und entsprechende Angebote zur Wissen- und Kompetenzvermittlung geschaffen werden:

– Die innerbetriebliche Weiterbildung der Beschäftigten wird eine zentrale Rolle spielen. Lebenslanges Lernen und der Umgang mit Technologien der Industrie 4.0 müssen in den Unternehmen sichergestellt werden. Eine einheitliche Lösung per Gesetz lehnen wir ab, da die Betriebe vor Ort den tatsächlichen Qualifizierungsbedarf am besten abschätzen können und eine eigene Lernkultur selbst definieren und entwickeln müssen.

– Mit Blick auf den demographischen Wandel müssen alle Generationen in die Digitalisierungsentwicklungen einbezogen werden.

– Den Arbeitsagenturen kommt eine wichtige Rolle bei der Aus- und Weiterbildungsberatung zu. Sie müssen mit qualifizierten und zukunftsorientierten Empfehlungen die Weiterbildung von Erwerbstätigen unterstützen. Dabei müssen die Dienstleistungen und Prozesse der Arbeitsagentur angepasst und individualisiert werden.

– Neben der Wissens- und Kompetenzvermittlung ist eine bessere (technische) Ausstattung in allen Schulformen wichtig. Grundlegende Digitalkompetenzen sind integraler Bestandteil bis zur Ausbildungsreife.

– Interaktive Plattformen, Onlineseminare und das Konzept des „Blended Learnings“ (integriertes Lernen durch Präsenz- und Onlineveranstaltungen) müssen künftig zum didaktischen Repertoire der Hochschulen gehören.

– Eine Stärkung der MINT-Fächer (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft & Technik), z.B. auch in den Bereichen der frühkindlichen Bildung, kann ein Instrument darstellen, um das Interesse rund um digitale Themen bereits früh zu entwickeln.

 

– Das Wissen über Unternehmertum muss auf allen Ebenen des Bildungssystems gefördert werden.

– Grundlagen der Blockchain-Technologie sowie der Dezentralisierung müssen sukzessive in den unterschiedlichen Ausbildungs-, Schul- und Hochschulformen adressatengerecht vermittelt werden. Fächer wie Informatik und Wirtschaft eignen sich hierfür besonders.

– Zur Vermittlung entsprechender digitaler Kompetenzen und dem dazugehörigen Wissen benötigt durch kontinuierliche Weiterbildung qualifizierte Lehrkräfte in allen Schulformen.

– Auch in den (Landes-) Behörden und Verwaltungen wird die Blockchain-Technologie künftig für viele Veränderungen sorgen. Daher müssen bereits heute entsprechend notwendige Fähigkeiten und Kompetenzen entwickelt und ein entsprechendes Bewusstsein bei den Beamten und Angestellten geschaffen werden.

– Den Themen interkulturelle Sensibilität, soziale Kompetenzen und Kommunikationsfähigkeiten kommen mit Blick auf eine neue Arbeitsgestaltung in der digitalisierten Arbeitswelt eine besondere Bedeutung zu (vgl. 3. und 9.) und müssen in den Lehrkonzepten entsprechend integriert werden.

 

  1. Wichtige Rahmenbedingung ist die digitale Infrastruktur

 

Deutschland hat eine starke industrielle Basis. Sie hat hervorragende Chancen von der Digitalisierung zu profitieren. Um den Industriesektor in Deutschland zu halten, müssen die richtigen Rahmenbedingungen gelten. Dies betrifft sowohl die Infrastruktur als auch den # Ordnungsrahmen. Von Seiten des Gesetzgebers braucht es einen klaren Ordnungsrahmen, der Investitionen und Innovationen fördert. Gerade die Dynamik und Unvorhersehbarkeit der aktuellen Entwicklungen der Digitalisierung brauchen auch Freiräume und zukunftsorientierte Rahmenbedingungen. Ein Fokus auf den europäischen Kontext bietet hierfür gute Voraussetzungen:

– Der Erhalt und Ausbau einer leistungsfähigen (digitalen) Infrastruktur, insb. durch den flächendeckenden Breitbandausbau, ist dringend notwendig. Dies bietet auch Chancen zum Erhalt und Stärkung der Wirtschaft im ländlichen Raum.

– Die Bündelung der Digitalisierungskompetenzen der Bundesregierung in einem „Ministerium für Digitalisierung in Wirtschaft, Industrie und Hochschulen sowie in der Verwaltung“ ist notwendig, um den flächendeckenden Breitbandausbau sowie die schnelle Verbreitung des nächsten Mobilfunknetzes (5G) voranzutreiben. Darüber hinaus sollte sich ein solches Ministerium mit den potenziellen Auswirkungen der Digitalisierung auf Wirtschaft, Gesellschaft und auch auf die Politik selbst befassen.

– Zur Digitalisierung gehört auch eine moderne Verkehrsinfrastruktur. Die Digitalisierung hat nicht nur in der Logistik erhebliche Potenziale; die Logistik ist Voraussetzung um die steigenden Güterströme zu bewältigen.

– Divergierende Interessen zwischen Bund und der föderalen Struktur dürfen nicht zum Hemmnis der Digitalisierung werden. Länder und Bund müssen bei diesem Thema gemeinsam an einem Strang ziehen.

– Wo möglich, sollten harmonisierte Regelungen und Gesetze im europäischen Kontext greifen sowie Widersprüche und Redundanzen beseitigt werden. Für eine erfolgreiche Entwicklung der Digitalisierung müssen regulatorische Unsicherheiten mit klaren und ganzheitlichen Gesetzen begegnet werden. Damit schafft der Gesetzgeber Transparenz, um möglichen Unsicherheiten hinsichtlich zukünftiger Rahmenbedingungen entgegen zu wirken.

 

Der digitale EU-Binnenmarkt mit grenzüberschreitenden Netzen, gebündelter Forschungsinitiativen sowie gemeinsamer Standards und Regeln, wie durch die EU-Kommission als Strategie beschlossen, muss in seiner Umsetzung deutlich beschleunigt werden.

 

  1. Neue Formen der Arbeits- und Arbeitszeitgestaltung

 

Mobiles Arbeiten oder das Arbeiten im Homeoffice gehören nicht nur häufig zum Alltag von vielen Arbeitnehmern, sondern werden in ihrer Verbreitung künftig zunehmen. Sie können, zusammen mit einer entsprechenden Arbeitszeitgestaltung, zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Familie führen. Dennoch sind diese Arbeitsmodelle nicht für alle Arbeitsplätze geeignet – gerade in der Industrie. Es wird auch weiterhin orts- und zeitgebundene Arbeitstätigkeiten brauchen. Trotz der Veränderungen einer digitalisierten Arbeitswelt wird der Betrieb für die Mehrheit der Arbeitnehmer auch weiterhin zentraler Ort der Wertschöpfung bleiben. Die aufgeführten betrieblichen Belange können der von den Arbeitnehmern gewünschten Arbeitszeitflexibilität entgegenstehen. Der Einsatz neuer, digitaler Technologien kann beim Schaffen der Balance zwischen Flexibilitätsanforderungen der Unternehmen und Flexibilitätsbedürfnissen der Arbeitnehmer helfen. Darüber hinaus ist von Bedeutung:

– Eine Anpassung des Arbeitszeitgesetzes ist notwendig, da die Regelungen zur Ruhezeit von elf Stunden und täglichen Höchstarbeitszeit von zehn Stunden wegen der neuen Möglichkeiten des mobilen Arbeitens häufig an der Lebensrealität vieler Menschen vorbei geht. Eine Möglichkeit ist die Umstellung der Tageshöchstarbeitszeit auf eine Wochenhöchstarbeitszeit. Diese gewährt mehr Flexibilität in der Verteilung der Arbeitszeit innerhalb einer Woche, ohne die Arbeitszeit insgesamt auszuweiten. Auch die Vertrauensarbeitszeit kann als Mittel dienen.

– Flexible Arbeitszeitverhältnisse, auf die sich Beschäftigte und Unternehmen einigen, werden Teil der digitalen Arbeitswelt sein. Eine übermäßige Regulierung muss vermieden werden.

– Trotz gestiegener Flexibilitätsanforderung hinsichtlich der Arbeitszeiten muss ein ausgewogenes Verhältnis von Arbeits- und Lebenszeit sichergestellt werden.

– Sogenanntes „Crowdworking“ bzw. „Crowdsourcing“ stellt in der digitalisierten Arbeitswelt eine immer häufiger vorkommende vertraglich vereinbarte Leistungsbeziehung dar, die schon im heutigen arbeitsrechtlichen Rahmen sachgerecht beurteilt werden kann. Da die Grundlage dieser Tätigkeit eine Selbstständigkeit ist, muss sichergestellt sein, dass Selbstständige im Alter nicht auf eine Grundsicherung angewiesen sind. Eine Vorsorgeverpflichtung für Selbstständige sollte durchdacht werden; wenn es auch den Selbstständigen überlassen bleiben sollte, wie sie der Vorsorgeverpflichtung nachkommen.

 

  1. Arbeitsteilung und Spezialisierung

 

Der Grad der Spezialisierung und Arbeitsteilung wird durch die fortschreitende Entwicklung der Industrie 4.0 zunehmen. Bereits heute holen sich Unternehmen unter dem Stichwort „Open Innovation“ neue Ideen aus der Kooperation mit externen Partnern ins Unternehmen. Aber auch für viele reguläre Bereiche im Unternehmen werden künftige externe Spezialisten und externes Wissen benötigt. Folglich bekommen Innovations- und Wissensnetzwerke eine hohe Bedeutung für die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen. Teams aus eigenen Beschäftigten und externen Mitarbeitern sind heute übliche Praxis, dies ist insbesondere auch im Umfeld der IT-Industrie mit ihren häufig projekthaften Aufträgen der Fall.

– Eine übermäßige Regulierung im Bereich der Werk- und Dienstverträge sowie im Bereich der Zeitarbeit gilt es ebenso zu vermeiden, wie eine zu exzessive Ausnutzung dieser Beschäftigungsformen.

 

  1. Mensch-Maschine-Interaktion und gesundheitsförderliche Arbeitsplätze

 

Der steigende Einsatz von Robotik unterstützt die Produktion und trägt wesentlich zur ergonomischeren Arbeitsplatzgestaltung bei. Die Digitalisierung der Produktion wird zur zunehmenden Interaktion von Menschen und Maschinen führen. Dies wird eine individualisierte Führung von Maschinen ermöglichen, aber auch bedingen, dass sich Maschinen intelligent auf ihren menschlichen Kooperationspartner einstellen. Dabei arbeiten Mensch und Leichtroboter erstmals ohne Schutzeinrichtungen Hand in Hand zusammen. Durch die Interaktion von Mensch und Maschine können Mitarbeiter körperlich entlastet werden. Dies kann durch besseren Arbeits- und Gesundheitsschutz geschehen. Gleichermaßen kann eine verstärkt alternsgerechte Arbeitsgestaltung gewährleistet werden. Auch die Beschäftigungschancen für Menschen mit Behinderungen können gesteigert werden.

Gleichermaßen kommt dem Menschen in der Produktion eher eine überwachende Funktion zu. Dieser Rollenwandel setzt bestimmte Qualifikationsbedarfe voraus, um der Komplexität der Maschinen gerecht zu werden. Hier sind die Unternehmen, aber auch die Gesellschaft aufgefordert, weiter in die (Weiter-) Bildung zu investieren (vgl. 1).

– Wegen der engen Interaktion von Menschen und Robotern muss zu jeder Zeit die Arbeitssicherheit gewährleistet sein und Verletzungen des Menschen ausgeschlossen werden. Die rasante Weiterentwicklung der Robotik-Lösungen erfordern neue Maßnahmen zum Schutz der Beschäftigten. Dies bedeutet insbesondere auch, dass geltende Gesetze, Normen und Richtlinien stetig angepasst oder neu formuliert werden müssen.

– Die geänderten Rahmenbedingungen, bspw. in der Produktion, müssen durch geeignete Arbeitsschutzmaßnahmen, aber auch Vorsorgeuntersuchungen flankiert werden. Der Beschäftigte muss dabei stets in der Lage sein, Gesundheit und Sicherheit im Arbeitsablauf zu gewährleisten. Dies darf jedoch nicht zu einer Verlagerung der Pflichten des Arbeitgebers gemäß Arbeitsschutzgesetz auf den Arbeitnehmer bedeuten.

– Die neuen Interaktionsmodi (Mensch-Maschine-Kollaboration, -Kooperation, -Verschmelzung) von Mensch und Maschine stellen rechtliche Haftungsmodelle in Frage. Daher ist eine rechtliche Auseinandersetzung, auch mit Blick auf ethische Bedenken und den unterschiedlichen Interaktionsmodi, notwendig.

 

  1. Datenschutz und Datensicherheit

 

Mit der immer weiter fortschreitenden Anbindung und Vernetzung von Produktionsanlagen und -systemen, wird auch das zu verarbeitende Datenvolumen innerhalb des Betriebs, aber auch mit Zulieferern und Kunden steigen. Big Data und Künstliche Intelligenz werden diesen Trend weiter verstärken. Klar ist: Ohne die Nutzung von Daten kann es keine Digitalisierung

geben – sowohl von Maschinen- als auch von Personendaten. Ihre Nutzung darf also nicht grundsätzlich ausgeschlossen werden. Eine dynamische Entwicklung bedarf eines hohen Datenschutzes und Datensicherheit. Dies gilt für alle Beteiligten des Datenaustauschs. Ein sicherer Umgang mit sensiblen Daten hat daher eine hohe Bedeutung. Dennoch muss es eine Regelung für die Nutzung von Maschinen- und Personendaten geben, die es ermöglicht, entsprechende Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln. Insbesondere für Personendaten gilt es eine kluge Balance zwischen Schutz und Datennutzung zu wahren. Dabei ist festzustellen, dass wir in Deutschland bereits sehr hohe Datenschutzanforderungen haben. Die Bedeutung der Künstlichen Intelligenz als Zukunftstechnologie darf von Deutschland in dieser Diskussion nicht verschlafen werden. Denn gerade die Entwicklungen in China oder auch den Vereinigten Staaten sind in diesem Bereich enorm. Verschläft Deutschland führend im Bereich der Künstlichen Intelligenz zu werden, so könnten die ethischen Standards anderer Länder für uns gelten:

– Das Bundesdatenschutzgesetz bietet bereits heute einen umfassenden Schutz vor Datenmissbrauch. Gesetzesänderungen in diesem Bereich müssen immer auch mit Blick auf die zu erwartenden enormen Datenaufkommen getroffen werden.

– Auf europäischer Ebene stellt die EU-Datenschutzgrundverordnung eine verlässliche Basis dar. Die Anpassung der deutschen Datenschutzregeln an die EU-Regeln muss auch mit Blick auf die Vorteile einer EU-weit vereinheitlichten Regelung geschehen. Die Balance zwischen einem guten Beschäftigtendatenschutz und die Chancen der Digitalisierung für die Unternehmen, gilt es klug zu wahren. Hierbei spielt auch die Symmetrie des Datenbesitzes zwischen Staaten, Unternehmen und Individuen eine Rolle.

– Auf internationaler Ebene sind weitere Diskussionen hinsichtlich harmonisierter Rahmenbedingungen erforderlich.

– In dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages braucht es einen Masterplan zum Thema „Künstliche Intelligenz“ in dem Forschung und Wirtschaft zusammenarbeiten und gemeinsam mit anderen relevanten gesellschaftlichen Akteuren die entsprechenden Rahmenbedingungen abstecken. Dies sollte auch im europäischen Kontext diskutiert werden.

– Eine gesellschaftliche Debatte zum Datenschutz und zur Sicherheit ist zeitnah notwendig. Dies schließt die ethische Dimension der Thematik ein.

– Die erforderlichen Sicherheitsstandards müssen nicht nur für Unternehmen gelten, sondern auch von Behörden stringent eingehalten werden.

– Das Datenschutzrecht sollte bestimmte starke kryptografische Verfahren als Grundlage sicherer Verschlüsselung anerkennen, bspw. für die Verschlüsselung und Ablage von personenbezogenen Daten in einer Blockchain.

– Durch nutzerseitige Verschlüsselung von personenbezogenen Daten als Nutzungsvoraussetzung für Blockchains kann die Blockchain-Technologie im Zielkonflikt zwischen Recht auf Privatsphäre des Einzelnen und dem kollektiven Recht auf mehr Transparenz und Nachvollziehbarkeit auch in Deutschland mit einer Vielzahl an möglichen Geschäftsmodellen Anwendung finden (bspw. auch im Gesundheitswesen für Patientendaten oder in der Verwaltung).

– Die datenschutzrechtliche Verantwortlichkeit von Akteuren innerhalb der Blockchain muss von nationaler und europäischer Ebene eine neue Bewertung erhalten, da diese in seiner jetzigen Form bspw. mit der Blockchain-Technologie inkompatibel ist.

 

  1. Der Auftrag der Tarifpartner

 

Den Tarifpartnern kommt eine zentrale Rolle in der Digitalisierung zu. Sie müssen einen passenden regulativen Rahmen entwickeln, im dezentral organisierten, branchendifferenzierten und sich ständig weiterentwickelnden System der Tarifpolitik. Denn die passenden Rahmenbedingungen für die ganz unterschiedlichen Auswirkungen der Digitalisierung auf unterschiedliche Arbeitsplätze (unterschiedliche Auswirkungen unter Unternehmen, aber auch innerhalb eines einzigen Betriebs) kann kein Gesetz liefern. Die Tarifparteien müssen hierbei auch Antworten auf die steigenden Flexibilitätsanforderungen finden:

– Ein weitergehender staatlicher Eingriff in die Tarifautonomie ist abzulehnen, da er die Tarifbindung schwächt und den Tarifpartnern ihre Handlungsmöglichkeiten nimmt. Durch die Praxisnähe der Tarifpartner ist dort das Wissen vorhanden, wie die Herausforderungen der Industrie 4.0 wirklich bewältigt werden müssen.

– Wichtige Fragen, die durch die Tarifpartner zu beantworten sind, beinhalten dabei u.a.: o Wie wirkt sich die gesteigerte Flexibilität durch mobiles Arbeiten auf tarifliche Regelungen aus?

o Da der Zeitpunkt des Arbeitens flexibler und selbstbestimmter wird, wie wirkt sich mobiles Arbeiten auf etwaige Zuschläge aus?

o Wie wird künftig mit der Anknüpfung von Vergütung an geleisteter Arbeitszeit umgegangen?

o Muss die berufliche Qualifizierung durch einen Tarifvertrag geregelt werden?

o Trotz der Tarifautonomie: Gibt es Bereiche, in denen gesetzliche Öffnungsklauseln zu nutzen sind, um abweichende Tarifregelungen zu verhandeln?

o Wann machen hinsichtlich der vorherigen Fragestellungen betriebsübergreifende Standards durch einen Tarifvertrag für die Branche Sinn oder bedarf es eines individuellen betrieblichen Rahmens, der durch die Betriebsparteien zugeschnitten wird?

 

  1. Mitbestimmung der Beschäftigten (bei der Einführung neuer Technologien) und neue Führungskulturen

 

Die Digitalisierung erfordert immer mehr eine Zusammenarbeit über die Grenzen des Betriebs, des Unternehmens, hinweg. Standortübergreifendes Arbeiten geprägt von einer vernetzten Zusammenarbeit wird in Zukunft immer mehr Alltag in der digitalisierten Arbeitswelt.

Der digitale Wandel verändert auch eine Anforderung an Führungseigenschaften und –verhalten. Die steigende Komplexität und Volatilität der Digitalisierung zwingen etablierte Führungsmodelle zu überdenken. Bei den betrieblichen Veränderungsprozessen hin zu einer digitalen Arbeitswelt wird nicht nur die Führungskultur der Unternehmen berührt. Der digitale Wandel nimmt auch Einfluss auf die Arbeitsorganisation und die (Produktions-) Technik:

– Die Mitbestimmung im Unternehmen ist beim Thema Industrie 4.0 wichtig und richtig. Die derzeitigen Mitbestimmungsgrenzen bieten hierfür eine gute Grundlage.

 

– Eine Neudefinition des „traditionellen“ Betriebsbegriffs ist mit Blick auf die Mitbestimmung zentral. Durch die Herausforderungen der digitalen Transformation wird sich künftig der Bedarf nach einer Weiterentwicklung ergeben.

– Es gilt eine kluge Balance zwischen dem wichtigen Schutzzweck des Mitbestimmungsrechts und einem gesunden Verhältnis zwischen Aufwand und Nutzen bei der Einführung neuer Technologien zu wahren. Das Mitbestimmungsrecht wurde per Gesetz so angepasst, dass die Einführung und Anwendung technischer Einrichtungen, die objektiv zur Leistungsmessung bzw. Leistungsüberwachung von Angestellten geeignet sind, mitbestimmungspflichtig sind – auch losgelöst davon, ob diese Einrichtungen überhaupt zur Kontrolle bzw. Überwachung gedacht sind. Dies führt bereits bei Software-Updates zur Mitbestimmungspflicht.

 

  1. Digitalisierung bewegt Menschen – auch über Grenzen

 

Wie sich die Digitalisierung zahlenmäßig auf die Arbeitsmenge auswirkt, ist vielfach umstritten. Mit jeder technischen Revolution waren bisher Ängste um Jobs verbunden – auch wenn es nach jeder einzelnen technischen Revolution mehr Arbeitsplätze als zuvor gegeben hat. Dennoch ist es wichtig, die Ängste der Beschäftigten ernst zu nehmen.

Wie keine andere technische Revolution zuvor, ist die Digitalisierung – nicht nur durch das Internet – grenzenlos. Die Digitalisierung bewirkt eine vergrößerte Mobilität des Faktors Arbeit. Denn Automatisierungstechnologien können, insb. nach dem Export durch Industrienationen in Schwellenländer, Wanderungsbewegungen zur Folge haben. Zumindest dann, wenn in den Schwellenländern während der Industrialisierung und Digitalisierung keine Wachstumspolitik erfolgt, die ihre Bürger an der technologischen Entwicklung teilhaben lässt.

Die Digitalisierung macht an Grenzen keinen Halt. Nicht alle Herausforderungen können auf nationalstaatlicher Ebene adressiert werden. Daher bedarf es gemeinsamer europäischer und internationaler Anstrengungen, z.B. neue Formen der Entwicklungshilfe oder geeignete Anreizmechanismen, sodass nicht nur die Industrienationen von der Digitalisierung profitieren und mit ihrer rasanten Dynamik, den wirtschaftlichen Aufhol- bzw. Angleichungsprozess jener ärmeren Länder untergraben.

  1. Innovation ist Kern nachhaltiger Wirtschaftsentwicklung

 

Innovationen sind der wesentlichste Faktor für das Überleben bzw. den Erfolg von Unternehmen, der Weiterentwicklung, dem Wachstum und Wohlstand von Gesellschaften. Damit tragen Innovationen auch unmittelbar zum Arbeitsplatzerhalt und -wachstum bei. Deutschland investiert bereits rund 3 Prozent seines Bruttoinlandsprodukts in Forschung- und Entwicklung. Dies gilt es zu halten bzw. sogar zu steigern. Neben der Investition in die Erforschung neuer Technologien, gilt es auch von Seiten des Gesetzgebers eine innovationsfreundliche Umgebung zu schaffen. Denn eine nachhaltige Wirtschaftspolitik ist auch immer eine Politik, von denen die Arbeitnehmer profitieren. Dennoch gilt es auch die Ängste vor Veränderungen bei den Menschen ernst zu nehmen:

– Neben dem Vorsorgeprinzip, welches die Gesetzesfolgen für Gesundheit und Umwelt prüft, sollte ein Innovationsprinzip im Gesetzgebungsprozess verankert werden. Bei der Folgenabschätzung sollten also nicht nur mögliche Risiken einer Maßnahme betrachtet werden, sondern genauso auf verlorengehende Chance beim Unterlassen einer Maßnahme. – Jede rechtliche Regulierung im Umfeld von Innovationsentwicklungsprozessen sollte einem technikneutralen Ansatz folgen. D.h. der Gesetzgeber sollte durch rechtliche Standards, flankiert von rechtlichen Schutzmaßnahmen durch technische und organisatorische Vorkehrungen, regulierend tätig werden ohne eine konkrete Technik dabei zu bevorzugen bzw. zu benachteiligen.

– Die gemeinsame Aufgabe von Politik, Wirtschaft und Gesellschaft ist es, sich für eine höhere Akzeptanz neuer Technologien einzusetzen und damit in der breiten Gesellschaft für ein innovationsfreundliches Klima zu arbeiten. Die Digitalisierung erfordert zwar stetige Anpassungs- und Veränderungsprozesse, bietet dennoch auch viele Potenziale, um nicht nur den Herausforderungen des demografischen Wandels zu begegnen, sondern auch die gesamtwirtschaftliche Produktivität zu steigern. Damit kann die Digitalisierung auch zu einem selbstbestimmteren und nachhaltigeren Leben beitragen. Am bisher noch nicht hinreichend ausgeprägten Verständnis für die Chancen der Digitalisierung, ist zu arbeiten. Bausteine liegen u.a. in einer intensiven Medienarbeit zum Thema Digitalisierung, welche die Neugierde auf die Digitalisierung wecken.

 

 

Rathaus 2.0

Die Digitalisierung kann und darf vor den Rathäusern unseres Landes nicht Halt machen. Während einige Kommunen bereits erfreulich weit fortgeschritten sind, hinken andere Kommunen noch deutlich hinterher. Dabei erkennen wir das Selbstverwaltungsrecht der Kommunen an und ziehen wohl überlegte Neuerungen im Verwaltungshandeln einem übereilten Aktionismus vor. Gleichzeitig müssen wir jedoch anmahnen, dass ein Stillstand keinesfalls sinnvoll ist und Neuerungen teilweise enorm überfällig sind.
Die Vorteile, die für Bürgerinnen und Bürger entstehen können, sind zahlreich: Dienstleistungen, die nicht an physische Präsenz oder Öffnungszeiten gebunden sind, sind ein Gewinn für Bürger und Verwaltung. Dabei gilt es selbstverständlich den Belangen des Datenschutzes Rechnung zu tragen, diese gleichzeitig jedoch nicht zum Hemmschuh für Innovation und Fortschritt zu machen. Es ist sicherzustellen, dass kein Missbrauch stattfindet und dass Anträge stets eindeutig auch vom Antragsteller und nicht von einer Person mit betrügerischer Absicht stammen. Geeignete Sicherungsmechanismen existieren jedoch zahlreich und müssten nur entsprechend angewendet werden.
In allen Bereichen des Lebens ist der Zugang zu Information mittlerweile selbstverständlich geworden. Verwaltungen dürfen sich dieser Entwicklung nicht entziehen und sollten diese als Chance ergreifen, kurze Informationswege und transparentes Verwaltungshandeln zu etablieren.

Aus diesen Gründen appellieren wir an alle Kommunalverwaltungen, zeitnah folgendes umzusetzen:

  • Das gesamte Ortsrecht, insbesondere alle Satzungen und Gebührenordnungen der Kommune, müssen online zur Verfügung stehen. Dabei ist darauf zu achten, dass die zur Verfügung gestellten Texte durch geeignete Suchmechanismen gefunden werden können. Eingescannte und mit Schlagwörtern versehene Originaldokumente sind dabei nur als Übergangslösung zu begreifen und müssen nach und nach auch im Sinne der Barrierefreiheit vollständig maschinenlesbar aufgearbeitet werden.
  • Formulare sind so zu gestalten, dass sie online ausgefüllt und abgeschickt werden können und – wo möglich – unmittelbar automatisiert verarbeitet werden. Wird aktuell eine Unterschrift benötigt, so ist diese – wo zulässig – durch die Funktionen des neuen Personalausweises zu ersetzen. Bis dieses Ziel erreicht werden kann, muss als Mindeststandard jedes Formblatt, das Verwendung findet, online abrufbar sein.
  • Durch ein Bürger- und Ratsinformationssystem ist sicher zu stellen, dass maximale Transparenz geschaffen wird. Sitzungsvorlagen  müssen auch den Bürgerinnen und Bürgern auf geeignetem Weg zur Verfügung gestellt werden. Es bietet sich dabei an, die Beschlussvorlagen für die öffentlichen Rats- und Ausschusssitzungen bereits vor der Sitzung abrufbar zu machen und die Beschlüsse, die in nichtöffentlicher Sitzung getroffen wurden, mit verständlicher Begründung zeitnah nachzureichen.
  • Eine Ideenbörse sowie eine geeignete Beschwerdemöglichkeit, z.B. https://www.rlp-maengelmelder.de/maengelmelder/, sollten obligatorisch sein. Wo sinnvoll sollen darüber hinaus auch gezielt Beteiligungsverfahren, z.B. zur Schwerpunktsetzung bei Investitionen des Haushaltes, und Abstimmungen online ermöglicht werden.

Die hier genannten Appelle sind bewusst so gehalten, dass sie von den Kommunen aus eigener Kraft bewältigt werden können. Weitere bürgerfreundliche Veränderungen, die durch Digitalisierung einhergehen begrüßen wir ausdrücklich.

Darüber hinaus fordern wir Land und Bund auf, die bei der Umsetzung des Online-Zugangsgesetzes entwickelten Werkzeuge den Kommunen kostenfrei zur Verfügung zu stellen. Land und Bund sehen wir außerdem in der Pflicht, wenn es darum geht Standards zu etablieren, denn nur wenn verbindliche Regelungen – z.B. Kerndatensätze – definiert sind, werden die verschiedenen kommunalen Systeme zukünftig auch Synergien nutzen können. Innovative Projekte von Kommunen müssen zudem finanziell unterstützt werden und Erfolgsmodelle so aufgearbeitet werden, dass sie auch von weiteren Kommunen genutzt werden können.

Abstimmung

Vortum der Antragkommission:
Annahme in der vorliegenden Fassung
Votum des Landestages:
Annahme in der vorliegenden Fassung