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Positionierung gegen Chatkontrolle

01/02/2024

Antragsteller:

Arbeitskreis Digitaliserung

Antrag

Wir, die JU Rheinland-Pfalz, sprechen uns klar und entschieden gegen die auf EU-Ebene geplante Chatkontrolle aus. Wir möchten in Zukunft auf Entscheidungsträger entsprechend einwirken, um das bürgerliche Recht auf Privatsphäre und private Kommunikation dahingehend weiterhin zu schützen.

Begründung

Mit dem geplanten Gesetz zur Chatkontrolle sollen alle Nachrichten (Text und Sprache) automatisiert überwacht und womöglich auch gespeichert werden. Es könnte jedoch auch gefordert werden, dass bei Messengern die Ende-zu-Ende Verschlüsselung verboten werden soll. Damit wäre eine einfache private Kommunikation nicht mehr legal möglich. Damit wäre das Recht auf Privatsphäre und private Kommunikation empfindlich verletzt oder aufgehoben, da Behörden jederzeit mitlesen würden oder dies zumindest könnten.

Niemand wird bestreiten können, dass Kinderpornographie bekämpft werden sollte. Warum ist dies überhaupt relevant? Der Hauptgrund, der für das geplante Gesetz zur Chatkontrolle angeführt wird, ist Kinderpornographie[1]. Doch wird diese damit wirksam bekämpft? Ja, wenn angenommen wird, dass die Täter nicht besonders intelligent sind. Denn mit Linux-Betriebssystem, VPN-Servern bzw. Tor-Browser und Torrent-Systemen bzw. Filesharing-Plattformen kann die Kontrolle von Chats sehr einfach umgangen werden.

Auch die Bekämpfung organisierter Kriminalität würde davon in keinster Weise betroffen sein, diese ist schon lange auf deutlich professionellere verschlüsselte Kommunikation umgestiegen (siehe Encrochat[2]). Durch Trojaner oder andere Cybersecurity Maßnahmen kann diese regelmäßig umgangen werden. Dies sind die wirklich wirksamen Maßnahmen gegen Cyberkriminalität.

Dass Kriminelle mit einem durchschnittlichen Maß an Intelligenz keine illegalen Inhalte über Messenger wie WhatsApp oder Signal verbreiten würden, sobald die Chatkontrolle gelten würde, sondern sehr bald auf oben beschriebene Möglichkeiten ausweichen würden, erschließt sich von selbst. Die Chatkontrolle ist deshalb ein Irrweg, da sie das Recht auf Privatsphäre und private Meinungsäußerung aller Bürger dauerhaft opfert, um allenfalls einen sehr kurzfristigen Effekt zu erzielen, bis sich herumgesprochen hat, dass das Teilen über Messenger illegal ist.

In Zukunft könnte unter dem Gesetz ein Bild von einem Kleinkind in der Badewanne von der Mutter an den Vater vom Algorithmus als Kinderpornographie erkannt werden und so zu einer in diesem Fall unbegründeten Hausdurchsuchung führen, denn durch verschlüsselte Kommunikation kann der Algorithmus nur Wahrscheinlichkeiten berechnen. Alternativ könnte das Gesetz verschlüsselte Kommunikation gleich ganz mitverbieten. Dann können Beamte in Zukunft jegliche Kommunikation zwischen Bürgern mitlesen.

Deshalb sollte das Gesetz gestoppt werden und der Prozess neu gestartet werden, um Maßnahmen zu erfinden, mit denen wirksam Kriminalität verfolgt und gleichzeitig die Rechte aller Bürger gewahrt werden können.

[1] https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw09-pa-digitales-928540; https://netzpolitik.org/2023/interne-dokumente-europol-will-chatkontrolle-daten-unbegrenzt-sammeln/; https://netzpolitik.org/2023/chatkontrolle-eu-staaten-wollen-verschluesselung-doch-nicht-schuetzen/

[2] https://www.nzz.ch/international/ermittler-knacken-kriminellen-chats-polizei-gelingt-schlag-gegen-clan-szene-in-berlin-ld.1602666

Abstimmung

Vortum der Antragkommission:
Annahme in der vorliegenden Fassung
Votum des Landestages:
Annahme in der vorliegenden Fassung

Antragserledigung

29/01/2024

Wer? Landesvorstand der JU Rheinland-Pfalz

Was? Verweis an die Kommission Recht und Ordnung